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Gebets-Verbrüderung und Freundschafts-Vertrag

Die Mönchsgemeinschaften von Sankt Gallen und Reichenau als Modell

Im Jahr 800 der Fleischwerdung des Herrn, während der Herrschaft des erlauchtesten Herrn Kaisers Karl, wurde
unter den Äbten Werdo und Waldo eine Übereinkunft und Gebetsverbrüderung zwischen den Mönchs&shygemeinschaften von Sankt Gallen und Reichenau geschlossen.

In dieser Übereinkunft legten die Brüder aus beiden Orten übereinstimmend fest, dass stets, wenn irgendein Bruder sterben und dies dem Ort oder den Ältesten dort mitgeteilt werde, noch am selben Tage die Priester-
(Mönche) drei Messen lesen und die übrigen Brüder für ihn einen Psalter und die Vigil singen sollen und von allen
ein gemeinsames Messopfer gefeiert werden solle.

Ebenso sollen am siebten Tage 30 Psalmen gesungen werden, am dreißigsten Tage aber sollen die Priester- (Mönche) für ihn eine Messe lesen und die übrigen
50 Psalmen singen.

Außerdem wollen wir gemäß unserer Gewohnheit am Ende jedes einzelnen Monats für die Verstorbenen die
Vigilien feiern, in denen zugleich das Gedenken für alle verstorbenen Brüder stattfindet, die unserer Gemeinschaft angehören; am selben Tage soll auch der Name des jüngst Verstorbenen in Erinnerung gerufen und ein Messopfer zugleich für jenen wie auch generell für alle gefeiert werden. Und danach soll jeder Priester- (Mönch) eine Messe lesen, und die übrigen Brüder sollen 50 Psalmen singen.

Außerdem soll einmal im Jahr, am 14. November, das Jahrgedächtnis aller einzelnen Verstorbenen gefeiert werden; am selben Tag sollen die Priester-(Mönche) drei Messen feiern und die übrigen Brüder einen Psalter singen, und die festliche Vigil und das gemeinsame
Messopfer sollen von allen Brüdern gefeiert werden.

Verbrüderte Mönchsgemeinschaften

„Incipiunt capitula“ (Inhaltsverzeichnis) – pagina 3

Gebetsverbrüderungsverträge

Historisches Verbundenheitsnetz im damaligen Europa

Dem Inhaltsverzeichnis (auf pagina III des Gedenkbuches) zufolge umfasste die Gebetsverbrüderung des Klosters Reichenau zur Zeit der Anlage des Vebrüderungsbuches im Jahre 824 fünfzig namentlich genannte Konvente.

Darauf folgen noch die Kanonikergemeinschaften
(von Konstanz, Basel, Straßburg und Metz) sowie die Klöster St. Vaast und Hornbach.

Das Netz der mit dem Kloster Reichenau verbrüderten Klöster reichte demnach von Jumièges im Westen (heute Frankreich) bis Salzburg im Osten (heute Österreich) und von Saint Trond im Norden (heute Belgien) bis  Monteverde im Süden (Italien).

Nomina De Functorum Fratrum

Verzeichnis verstorbener Reichenauer Brüder und Äbte (bis 824) Pagina 6, beginnend mit „Pirminius eps.“ (724); an 8. Stelle „Walto abb.“ (786-806)

Nomina Amicorum (viventium)

Verzeichnis lebender Freunde, Gönner, Wohltäter pagina 98; Fortsetzung auf pagina 99 ff. Beginnend (unter dem Schriftzug „NOMINA“) mit Kaiser Ludwig dem Frommen (813-840), Kaiser Lothar I. (823-855) usw.

Nomina Defunctorum Qui

(presens coenobium sua largitate fundaverunt)
Verzeichnis der Verstorbenen pagina 114; Fortsetzung auf pagina 115

Altarplatte von Reichenau-Niederzell

Auf der Altarplatte der Egino-Zelle (heute St. Peter und Paul/Reichenau-Niederzell) sind – ebenfalls zum Gebetsgedenken während des Gottesdienstes – Namen aus dem 10./11. Jahrhundert eingeritzt und mit Tinte eingetragen: